Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie falsch diese Frage ist. Natürlich ist die Frage nicht böse gemeint, verstehe ich. Verstehst du bitte, dass man eine Frau nie ungefragt fragen darf, ob sie schwanger ist. Warum? Kommt mit, ich erkläre es dir:

Wenn Andere wissen, wann du schwanger werden solltest

Du hast deinen Körper, du gehst mit ihm um, wie du es gerade möchtest und jeder ist fein damit. Dann kommt eine Zeit, bei mir kam das so mit 25 vereinzelnd, dann mit 28 verstärkt und ich brauche dir sicherlich nicht sagen, wie oft ich jetzt mit 30 gefragt werde, ob ich schwanger sei oder wann ich Kinder „plane“ (noch so ein Thema, aber dazu komme ich später).

Bei Frauen in einem gewissen Alter nehmen sich andere Leute das Recht, zu entscheiden, dass die Frau jetzt ein Kind in sich tragen sollte. Vollkommen egal, was für Sorgen diese Frau gerade hat, die Anderen haben entschieden, dass JETZT der Moment gekommen sei.

Früher war alles anders

„Früher war alles anders. In deinem Alter war ich bereits verheiratet und hatte drei Kinder.“ Selbstverständlich war es früher anders, gar keine Frage. Früher war es die Aufgabe der Frau sich um den Haushalt und ihren Mann zu kümmern. Eine Frau war mehr so eine Bedienstete der Eltern, bis diese dann einen passenden Ehemann für die Tochter gefunden haben. Dann war die Frau die Bedienstete des Mannes. Bereits in der Schule lernten die Frauen, wie man kocht, die Wäsche macht und den Mann zufrieden stellt. Mit ca. 14 Jahren war die Schulausbildung beendet und die Menschen fingen an zu arbeiten, mit 20 wurde geheiratet und dann startete umgehend die Kinderplanung. Gar keine Frage, früher wurde das gesellschaftlich anerkannt und zählte als normal. Früher war die Lebenserwartung auch nicht so hoch.

Heute beginnt die eine Hälfte mit 18 Jahren die Ausbildung, geht mit Anfang 20 in eine Festeinstellung, macht eine Weiterbildung, beginnt noch ein Studium oder befindet sich in einer Selbstfindungsphase. Die andere Hälfte beginnt nach dem Abi ein Studium und ist in der Regel mit Ende 20, Anfang 30 fertig. Wenn wir noch so lange Schüler bzw. Studenten sind, wie sollen wir dann bereits mit Anfang 20 mit der Kinderplanung beginnen?

Haben wir den passenden Partner?

Die Partnerwahl ist eine Herausforderung für sich. Man muss viele Frösche küssen, bis ein Prinz entsteht. Da wir so viele Jahre mit dem Erlernen eines Jobs verbringen, haben wir kaum Freizeit, in der wir unseren Hobbys nachgehen können oder einfach das tun, was wir tun wollen. Daher sind wir zuerst damit beschäftigt, die verpasste Zeit aufzuholen. Wir gehen feiern, wir suchen Liebe, aber nichts Festes. Wir möchten Spaß und Freiheit.

„Heiraten? Kinder? Darüber möchte ich jetzt nicht nachdenken.“ Es dauert seine Zeit, bis die richtige Person gekommen ist, mit der man dann über die Kinderplanung reden kann. Doch vorher stellt sich die Frage, ob wir zusammenziehen wollen. Denn wir wohnen in Wohngemeinschaften, können uns eine eigenen Wohnung meist gar nicht leisten oder, da man heutzutage den Partner im Internet findet, wohnt dieser am anderen Ende von Deutschland oder auch mal in einem anderen Land. Einer von beiden muss dann ggfs. sein Zuhause verlassen und sich an einem neuen Ort niederlassen. Hier beginnt dann auch noch die neue Jobsuche…

Gleichberechtigung ist im Job noch nicht angekommen

Gleichberechtigung geht halt immer noch nicht, weil Frauen im Berufsleben immer noch untergeordnet werden. Wer als Frau gutes Geld verdienen möchte, der muss sich extrem den Hintern aufreißen, länger und härter Arbeiten als die männlichen Kollegen und darf an Kinder oder Partnerschaft gar nicht erst denken, denn das lenkt von der Arbeit ab.

Ich hatte vor 4 Jahren, also als ich 26 Jahre alt war, ein Vorstellungsgespräch. In diesem Gespräch wurde mir vom Personaleiter durch die Blume gesagt, dass ein Fortbleiben aufgrund einer Schwangerschaft nicht erwünscht ist. Sollte ich also Nachwuchs planen, dann wäre ich für diese Position nicht die richtige Person.

In einem solchen Moment sitzt man da und weiß nicht, wie man darauf reagieren soll. Kinder sind toll, ich liebe mein Nichten und Neffen und die Kleinen meiner Freunde. Möchte ich selber Kinder, wenn ich eine gute Position in einem Unternehmen haben möchte?

Kann ich mir ein Kinder leisten?

Die Lebenshaltungskosten sind mittlerweile nicht ohne. Selbstverständlich waren früher in einigen Familien die finanziellen Mittel knapp und dennoch haben diese Familien Kinder großgezogen. Doch der heutige Anspruch an das soziale Leben ist ein vollkommen anderer. Die Mieten steigen und Mietwohnungen sind Mangelware. Vom Eigenheim brauche ich gar nicht erst anfangen. Selbst in unbekannteren Orten zahlt man mind. eine halbe Millionen für ein kleines Häuschen. Die meisten, die ich kenne haben mehrere Jobs, um sich ein finanzielles Polster aufbauen zu können. Wir arbeiten bis zu 12 Stunden am Tag in einem Job, brauchen dann noch ein Auto, welches finanziert werden muss, um zu den Arbeitsstellen zu gelangen. Machen wir uns nichts vor, die öffentlichen Verkehrsmitteln sind im ländlichen Gebiet immer noch nicht ausgereift. Man kommt zu zweit relativ gut über die Runden und kann sich hin und wieder ein paar Extras gönnen. Wie sieht es dann aus, wenn einer von beiden nicht mehr zur Arbeit geht und sich um die Kinder kümmert? Kinder brauchen schließlich Windeln, Nahrung, Kindersitze, Kinderwagen, etc. günstig sind die Sachen nicht. Wenn man bisher mit einem Auto zurecht gekommen ist, braucht man spätestens jetzt ein zweites Auto, um die Termine mit dem Kind zu meistern.

Bereits vor der Geburt muss man sich dann auch um einen Platz im Kindergarten kümmern, denn schließlich darfst du nur für eine begrenzte Zeit von der Arbeit fortbleiben. Das Geld, welches du über diese Zeit erhältst, ist übrigens ein Witz, wenn du vorher nicht ausreichend verdient hast. (Bemerkst du den Teufelskreis?) Wenn du einen Kindergartenplatz ergattert hast, muss dann auch wieder die Finanzierung stehen. Günstig sind diese Plätze nicht, wen du zu den Gutverdienern gehörst.

Dies wäre tatsächlich der ideale Weg. Doch was ist, wenn dein Körper keine Kinder möchte?

Was ist mit Unfruchtbarkeit oder Schwangerschaftsabbruch?

Unfruchtbarkeit ist keine Seltenheit. Manche Frauen erfahren bereits in jungen Jahren, dass die Möglichkeit schwanger zu werden sehr gering ist. Zysten, Endometriose etc. sind Begriffe, die ich häufig von Freunden höre. Manche Frauen erleiden auch später einen Schicksalsschlag und verlieren damit die Möglichkeit Kinder zu bekommen. Leider sind es besonders diese Frauen, die schon immer Kinder haben wollten. Frauen die bereits früh schwanger werden wollen, um dann festzustellen, dass es nicht geht. Wenn mir eine Freundin von ihren unerfüllten Wünschen berichtet, fange ich direkt an zu weinen. Bereits während ich diese Zeilen schreibe, schießen mir Tränen in die Augen.

Dann gibt es Frauen, denen es gelingt schwanger zu werden. Der Kinderwunsch ist da, die ersten freudigen Momente der Schwangerschaft werden festgehalten und dann kommt der Verlust. Von jetzt auf gleich stößt der Körper die befruchtete Eizelle ab und du kannst nichts dagegen unternehmen. Oder von jetzt auf gleich schlägt das Herz des Kindes nicht mehr und damit stirbt jede Hoffnung der Frau.

Stell dir vor, du bist einer dieser Frauen und irgendjemand, der es „nicht böse meint“ fragt dich, ob du schwanger bist. Wie würdest du dich dabei fühlen?

Du weißt nie, in welcher Situation sich die Frau, die dir gerade gegenübersitzt oder sich auf Social Media meldet, befindet. Es kann viele Gründe geben, Verlust, Wunsch, Gewichtszunahme, Hormonumstellung, mentale Probleme, vielleicht sogar eine zerrüttete Beziehung, von der noch niemand etwas weiß, außer das Paar selber, oder, oder, oder… Was kann dann eine simple Frage von Fremden, Freunden oder Bekannten auslösen? Du kennst doch auch solche Situationen im Leben, wo besser keiner Fragt, oder etwas sagt, bis du selber entscheidest dich zu äußern.